Ein Besuch beim Profisnowboarder Nevin Galmarini am Austragungsort des FIS Snowboard Weltcup

Nevin Galmarini - Profisnowboarder
Es riecht nach Schnee als wir Nevin Galmarini, Olympionike aus Ardez, hoch ins Schneesportgebiet Scuol begleiten. Die Sonne schiebt sich zwischen der Wolkenschicht hindurch und präsentiert die Weltcup-Strecke von ihrer mystischsten Seite. Die Reise durch den Austragungsort des diesjährigen Snowboard-Weltcup im Unterengadin kann beginnen.

Mit der silbrigen Gondel ins weisse Skigebiet

Wir treffen Nevin Galmarini an einem bewölkten aber kalten Morgen vor Weihnachten an der Talstation in Scuol. Der Winter liegt in der Luft, es riecht nach Neuchnee und auch die Wolken sehen danach aus. Wir wollen heute mit Nevin die Piste kennenlernen, auf welcher am 10. März 2018 das Weltcup-Finale im Snowboard Alpin mit einem Parallel Riesenslalom stattfindet.

Die Fahrt in das Skigebiet ist nicht nur insofern speziell, als das wir mit dem Silber Olympiamedaillen-Gewinner in einer Gondel hochfahren dürfen, sondern auch deshalb, weil er dazu seine in Silber gehüllte Bergbahn-Gondel ausgewählt hat. 

Mit der silbrigen Gondel ins weisse Skigebiet

Vom Schulzimmer auf die Weltcup-Piste

Nevin kommt gerade von einem erfolgreichen Weltcup-Wochenende in Cortina d’Ampezzo zurück und geniesst seine Heimat in vollen Zügen. Er ist Botschafter von Engadin Scuol und somit auch Botschafter des Weltcup-Finales vom 10. März 2018 im Unterengadin.

«Was macht das Skigebiet für dich so besonders?», wollten wir wissen:

«Zu Beginn machte es die Nähe zu meinem Wohnort Ardez aus. Mein Bruder fing an zu Snowboarden und ich tat es ihm ein Jahr später mit 10 Jahren gleich. Wir waren jede freie Minute auf dem Berg anzutreffen. Als ich das Gymnasium am Hochalpinen Institut Ftan besuchte, wurden die Pisten quasi zu meinem täglichen Fitnessstudio». Nevin erinnert sich daran, wie sehr er sich in jeder Unterrichtsstunde auf die Piste freute. – «Insbesondere wenn Latein angesagt war», lacht er. Das Hochalpine Institut Ftan bot ihm die idealen Voraussetzungen, Gymnasium und Sport optimal zu kombinieren.

Vom Schulzimmer auf die Weltcup-Piste

Von Carving-Schwüngen im Weltcup-Hang…

Nach einer Fahrt in der Sesselbahn Naluns und ein paar Kurven stehen wir nun am Start des Weltcup-Hanges. Die Weltcup-Piste liegt sonnenverwöhnt mit wunderschöner Aussicht über die Fraktion Ftan und Tarasp. Wir haben Glück und treffen den ehemaligen Trainer von Nevin, René Hürlimann, mit seinen Schützlingen der Sportklasse vom Hochalpinen Institut Ftan am Hang.

Da lässt es sich auch der Profisnowboarder nicht nehmen, den ausgesteckten Slalom gleich selbst zu testen und carvt eine Messerscharfe Linie in die Strecke.

Und wie fühlt es sich an, auf der zukünftigen Weltcup-Piste zu fahren? Wie würdest du die Strecke beschreiben? «Der mittelsteile Weltcuphang in Scuol ist optimal für ein Snowboardrennen. Es wird ein Rennen geben, wo alle Athleten von oben bis unten Vollgas durchziehen können. Die Schlüsselstelle wird der Geländeübergang ca. in der Mitte der Piste sein. Wer es dort gut erwischt, hat einen entscheidenden Vorteil. Bezüglich der Schneesituation müssen wir uns keine Sorgen machen. Es liegt genug Schnee und im Fall der Fälle stehen die neu gebauten Beschneiungsanlagen bereit. Ich persönlich hoffe, dass die Piste knackig und eisig wird. Ich mag es, wenn ich kraftvoll und dynamisch meine Kurven in den Schnee ziehen kann». 

Carving-Schwünge im Weltcup-Hang
Beim Carving habe ich das Gefühl fast über die Piste zu fliegen.

Nevin Galmarini Profi-Snowboarder

Die Nevin Galmarini-Piste

Nach der Weltcup-Strecke führt uns Nevin zu «seiner» Piste. Und zwar zur schwarzen Piste, die ihm das Skigebiet Scuol widmet und darum seinen Namen trägt. Wir fahren mit dem Lift «Prui» hoch nach Clünas, nehmen die rechte, blaue Piste und stehen nach ein paar Schwüngen vor einem steilen, schrägen Hang – der «Nevin Galmarini-Piste». Die Piste ist zu diesem zeitpunkt noch nicht offen, jedoch offenbart sich uns von hier ein wahnsinniges Panorama über die Weltcup-Piste, bis nach Ftan und sogar bis zu Nevin’s Lieblingsort, dem Lai Nair, über dem Ort Tarasp auf der anderen Talseite. Wir sind überwältigt und staunen. 

Snowboarden im Engadin

Von der schwarzen Piste zum schwarzen See

Nach der Piste möchte Nevin uns seinen Ruhe- und Ankerpunkt zeigen. Gegenüber des Skigebiets, auf der rechten Talseite liegt Tarasp mit seinem berühmten Schloss. Da wollen wir aber nicht hin, der Weg führt uns am Schloss vorbei in einen schneebedeckten Märchenwald. Das letzte Stück stapfen wir durch tiefen Schnee und finden uns bald auf einem Plateau wieder. Die plötzliche Ruhe und die Unversehrtheit dieses Ortes wirken wie aus einer anderen Welt. Wir sind an Nevin’s Lieblingsplatz angekommen: am «Lai Nair», wie der schwarze See auf Romanisch heisst. «Hier finde ich Energie und Ruhe, im Winter sowie auch im Sommer. Im Sommer gibt es hier eine der schönsten Grillstellen, verbunden mit einem Bad nach einer Biketour – einfach traumhaft». Den See sehen wir nicht, aber ein tiefverschneites Wintermärchen. Wir sollen die Augen schliessen und genau hinhören, sagt uns Nevin. Wir hören schlicht… nichts.

Als wir die Augen wieder öffnen, liefert uns die Sonne ein Versteckspiel hinter dem Pisoc-Massiv. Kein Wunder ist dieser Ort Nevin’s Lieblingsplatz.

Nevin Galmarini wandert durch das eingeschneite Unterengadin

Ob er auch vor dem Weltcup-Finale hier hoch komme, wollten wir wissen: «Das ist schon möglich», meint Nevin. «Aber dann gewiss mit einer riesen Vorfreude auf den Event in meiner Heimat vor Heimpublikum», führt er fort. «Ich bin stolz darauf, meinen Mitstreitern meine Heimat auf diese Art und Weise näher zu bringen». Verständlich, finden wir. Und irgendwie auch beneidenswert. «Inavant», Hopp Nevin! Wir freuen uns mit dir auf den 10. März 2018.
Und als Nevin seinen Nachhauseweg antritt, fallen doch noch die angekündigten Flocken vom Himmel.

Text: Madeleine Papst
Bilder: Claudio Daguati & Dominik Täuber

Nevin Galmarini - Steckbrief

Ardezer (GR), Profisnowboarder, Biker, Outdoorsportler, Botschafter für Engadin Scuol, Student
Geboren: 4.12.1986
Disziplin: Snowboard Alpin
Club: Club da Snowboard Umblanas Scuol
Grösste Erfolge: Olympia Silbermedaillen Gewinner SOCHI 2014, WM Bronzemedaillen Gewinner Sierra Nevada/ESP 2017, Weltcupsieger Rogla 2017, Schweizer Meister 2009, 2011, 2012, 2014, 2016 und 2017.

 

Rund um den FIS Snowboard Weltcup Scuol

Ort: Piste Prui im Skigebiet Scuol im Unterengadin

Zugang zur Rennpiste: Zubringerlifte ab Ftan und Scuol. Ab Bergstation Motta Naluns Scuol in 50-minütigem Spaziergang erreichbar.

Side-Events am Freitag: Startnummern-Ausgabe, Auftritt von Snook dem schweizweit bekannten Rapper aus Tarasp.

Side-Events am Samstag: Hochkarätige Spannung im Zielgelände, Konzert zwischen der Qualifikation und dem Finale mit Snook. Weltcup-Party in der Marmotta und im Cult.

Event-Homepage mit Publikation diverser Infos: engadin.com/fis-snowboard-weltcup-scuol

 

Facts: Geschichtliches zum Snowboard Alpin in Scuol

Scuol war von Anfang an im Zentrum der Snowboard Alpin Szene:

  • 1987 wurde in Scuol die erste Snowboardschule Europas gegründet
  • 1993 wurde der Scuoler Cla Mosca der erste Weltmeister in der Sportart Snowboard Alpin
  • Seit 1993/94 führt das Hochalpine Institut Ftan eine Sportschule für Nachwuchssnowboarder
  • 1997 wurde der Scuoler Fadri Mosca (Cla’s Bruder) ebenfalls Weltmeister in Snowboard Alpin
  • 2014 gewann Nevin Galmarini aus Ardez bei den olympischen Winterspielen im russischen Sotschi die Silbermedaille
Nevin Galmarini © Stefan Hunziker